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Channel: INSM Blog » Dr. Dagmar Schulze Heuling
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„Zwanzig Cent wollen Sie auch noch?“: Eine Fahrt im regulierten Taximarkt

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Der Vorstoß von Uber, eine Alternative zum Taxi auch in Deutschland anzubieten, liegt schon eine Weile zurück. Die Aufregung (Hilfe, Veränderung!) und die Angst (unsere Sicherheit!) haben dies vorerst verhindert. Das ist schlecht für die Fahrgäste, denn dass solcherart regulierte Märkte (falls man den Begriff in diesem Zusammenhang noch verwenden darf) nicht gerade eine Tendenz haben, gute Leistungen zu einem günstigen Preis bereitzustellen, ist allgemein bekannt. Konkurrenz belebt das Geschäft, weiß der Volksmund – und die würde dem Taximarkt gut tun, wie die Erfahrung von Dagmar Schulze-Heuling lehrt.


Natürlich ist es bequemer für die Etablierten, sich die lästige Konkurrenz mit juristischen Mitteln vom Hals zu halten als das eigene Angebot zu verbessern. Weil Pfründesichern und Faulheit aber weder besonders gute noch besonders sympathieträchtige Argumente sind, führt man lieber die oben erwähnte Sicherheit an. Wer gelegentlich Taxi fährt, weiß allerdings, dass zumindest bezogen auf die Fahrkünste der Taxifahrerinnen und -fahrer hier eindeutig der Wunsch der Vater des Gedanken ist.

Nicht, dass es nicht sehr viele hervorragende, freundliche, zuvorkommende oder einfach nur ganz normale Taxifahrerinnen und -fahrer gäbe. Ebenso gibt es aber die, die mit unfreundlich und unfähig noch ausgesprochen gnädig beschrieben sind. Trotz aller Vorschriften, Schulungen, Regulierungen und Imagekampagnen hält sich diese Gruppe hartnäckig und zum Leidwesen der Fahrgäste im Geschäft.

Ein aktuelles Beispiel aus einer deutschen Großstadt: Das bestellte Taxi kam mit leichter Verspätung, was der Fahrer dadurch wettzumachen suchte, dass er den Taxameter schon anstellte, ehe wir alle im Fahrzeug saßen. Unser Fahrziel, das wir der Zentrale bereits mitgeteilt hatten, erfragte er dann im Anschluss. Leider kannte er die Straße nicht und nach einigem Nachfragen und Überlegen hielt er daher an – Sicherheit geht vor! –, um das Navigationsgerät zu bedienen. Hören und Buchstabieren gehörten allerdings nicht zu den Stärken unseres Fahrers, sodass schließlich die Beifahrerin die Rolle der Navigatorin und der Navigationsgerätbedienerin übernehmen musste.

Glücklicherweise waren die Straßen nicht allzu voll, sodass die paradoxe Fahrweise, vor roten Ampeln zu beschleunigen, auf grüne Ampeln aber nur gemächlich zuzurollen, nicht zu Problemen oder größerem Unmut im Straßenverkehr führte und wir ohne Unfall unser Ziel erreichten.

Der Taxameter zeigte 22,80 Euro. Die neben mir sitzende Person reichte 30 Euro nach vorne. Zügig wurde ein Fünf-Euro-Schein zurückgereicht. Wir warteten. Der Fahrer drehte sich irritiert um, suchte dann aber in seinem Portemonnaie nach einem Zwei-Euro-Stück, das er uns wütend hinstreckte. Wir warteten weiter und der Fahrer wirkte, als würde er uns liebend gerne aus dem Taxi schubsen. „Zwanzig Cent wollen Sie auch noch?“ blaffte er uns an. „Ja, selbstverständlich“, gaben wir freundlich zurück. Laut und vernehmlich wurden wir darüber belehrt, dass das ja wohl eine Unverschämtheit sei, man müsse Trinkgeld geben, das gehöre sich so. Unsere Entgegnung, Trinkgeld sei eine Anerkennung für einen guten Service, konterte er mit einer Schimpftirade, deren Wortlaut wir nicht mehr genau verstanden.

Wir haben trotz des unverschämten Taxifahrers einen schönen Abend verbracht. So, wie man trotz Regulierung noch Taxi fahren kann, häufig auch mit netten Taxifahrerinnen und -fahrern. Das ist allerdings noch kein Argument für ein Taxikartell, Preisregulierung, Marktabschottung und ähnliche Einschränkungen. Denn eine Regulierung lässt sich nur dadurch rechtfertigen, dass der eingeschränkte Zustand besser ist als der unregulierte.

Genau daran habe ich allerdings beim Blick auf das real existierende deutsche Beförderungswesen meine Zweifel. Ist der Gedanke, dass wir mit mehr Alternativen, transparenten Bewertungssystemen und offeneren Märkten besser fahren würden, so abwegig? Vielleicht stellt das geschilderte Erlebnis eine seltene Ausnahme dar. Doch selbst dann ist klar, dass es sich hier um einen Fall eklatanten Regulierungsversagens handelt. Unfreundlichkeit lässt sich eben nicht per Verordnung aus der Welt schaffen. Gelingen könnte das hingegen mit mehr Wettbewerb.

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